Visuelles in der Musik

2 Musik nach Bildern

Der erste Komponist, der sich von Bildern und Plastiken zu Vertonungen anregen ließ, war Franz Liszt. 1839 schuf er die Klavierstücke Lo Sposalizio und Il Penseroso nach Werken von Raffael und Michelangelo (in Années de Pèlerinage, Deuxième Année: Italie). Später legte er auch Orchesterwerken bildnerische Vorlagen zugrunde, so seiner sinfonischen Dichtung Hunnenschlacht (1857), die nach dem monumentalen Gemälde von Wilhelm von Kaulbach entstand. Zahlreiche weitere Komponisten wie Modest Mussorgsky, Gustav Mahler, Claude Debussy und Gabriel Fauré beschäftigten sich ebenfalls mit dem Versuch, Kunstwerke in Musik umzusetzen.

Von diesen Vertonungen erlangte besonders Modest Mussorgskys Klavierzyklus Bilder einer Ausstellung (1874) hohe Popularität.[3] Bei dem Besuch einer Gedächtnisausstellung für den Maler und Architekten Victor Hartmann wurde Mussorgsky zu dem Werk inspiriert und wählte zehn Aquarelle und Zeichnungen als Vorlage für seinen Zyklus aus. Diese übersetzte er in Musik, indem er szenische Aspekte und damit verbundene Bewegungselemente zu eigenständigen musikalischen Bildern verarbeitete, deren Bezug zur Vorlage sich nicht mehr unmittelbar erschließt.[4]

Überhaupt sind die Beziehungen zwischen Bild und Musik bei vielen darum bemühten Kompositionen nicht zwingend und wirklich schlüssig. Sie erweisen sich oft als allgemein gehalten und rein assoziativ, und die musikalischen Lösungen, die für Vertonungen von Gemälden gefunden wurden, fielen sehr unterschiedlich aus. Dennoch einte diese Versuche die Idee, die Grenzen zwischen Malerei und Musik aufzuheben, was dem Bestreben der Romantik nach einer Verschmelzung der Kunstgattungen beispielsweise in der Universalpoesie und im Gesamtkunstwerk entsprach.

Seine Berühmtheit verdankt das Werk auch den vielen existierenden Orchesterbearbeitungen (von Maurice Ravel, Leopold Stokowski u. a.) sowie der Rockversion von Emerson, Lake & Palmer.  
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