Model 5

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Still aus Model 5 (1994-1996) von Granular Synthesis (Kurt Hentschläger & Ulf Langheinrich), Beispielsession von Performerin Akemi Takeya
© Granular Synthesis, courtesy the artists

Für die Live-Performances der Audio-Video-Installation von Model 5 (1994–1996) lässt das Duo Granular Synthesis digital prozessierte Bild- und Tonelemente von vier Video-Output-Kanälen und acht Audio-Outputs (vier Screens) interagieren und erzeugt ein multisensuelles Wahrnehmungserlebnis. Der Name des Künstlerduos ist Programm; das Verfahren der Granularsynthese bedeutet hier, dass videographische Aufzeichnung in Informationseinheiten zerlegt und anschließend gesamplet und neu synthetisiert wird.

In Model 5 wird das zuvor aufgenommene Bild-Ton-Material der japanischen Performerin Akemi Takeya in einem analytischen Verfahren bis in kleinste, prozessierbare Elemente zerlegt und im rekonstruierenden Verfahren in anderer Frequenz neu zusammengesetzt, sodass die durch Rekombination entstehenden Bild- und Tonfragmente von der Kontinuität der Darstellung im Ausgangsmaterial deutlich hör- und sichtbar abweichen. Die im aufgenommenen Video vorliegende und für die Darstellung notwendige Synchronität und Stabilität des Bildes und des Tons werden aufgelöst. Durch Granularsynthese entstehen jetzt andere Verbindungen, in denen zwar die Sequenz des Visuellen mit dem Auditiven interagiert und simultan-synchron steuerbar ist, jedoch sind der elektronische Bild- und Tonlauf für sich nicht mehr in der üblichen Weise synchronisiert: Bild und Ton werden zergliedert, verschwommen, sprunghaft und wie Flicker wahrgenommen. Hinzu kommt, dass die neu entstehenden Frequenzen live moduliert werden, wodurch die Performance die direkte Korrespondenz von prozessualer Bild- und Tonsteuerung unterstreicht.

Dieser Eingriff mittels Granularsynthese in das audiovisuelle Material wird vom Publikum auch deshalb als gewaltsam und schmerzhaft empfunden, weil Granular Synthesis mit Model 5 die Stimme und die Porträtaufnahme der Performerin Akemi Takeya zergliedern. Der natürliche Rhythmus der Performerin ist zerstört und durch einen Maschinenrhythmus in der Sequenzsteuerung ersetzt. Im Ergebnis wird eine mathematische Operation der digitalen Analyse auf eine Videoaufzeichnung der Performance von Takeya angewandt, was in der Kollision der Bilder und Töne den Herstellungsprozess elektronischer wie digitaler Bild- und Tonsteuerung offenbart. Denn während das zugrunde liegende Videomaterial für Kontinuität in der Performance steht (was im elektronischen Medium nicht zwangsläufig ist), wird die digitale Bearbeitungsebene der Live-Präsentation eingesetzt, um die Medienebene der variablen Gestaltung von visueller und auditiver Information bewusst werden zu lassen. Diese Ebene wird vom Publikum als Störung erlebt, weil Synchronität innerhalb des Visuellen und des Auditiven aufgehoben ist und gleichzeitig eine Synchronität zwischen rekombiniertem Bild und Ton erfahren wird. Dies geschieht mittels Motion-Control-Verfahren, welches Video-Sampling mit den acht MIDI-gesteuerten Audio-Output-Kanälen verbindet.

Die im Gesamtergebnis des Video-Samplings vorherrschende Abstraktion ist einem Flicker-Effekt im Video Sequencer ähnlich, allerdings mit dem Unterschied, dass die Bildquellen nicht-linear bearbeitet werden. Der Eindruck der Musikalisierung des Bildlichen entsteht in der Gleichzeitigkeit vorgeführter auditiver und visueller Variabilität und ist den frühen Eingriffen von Paik in die Wellenform des elektronischen Mediums strukturverwandt.



 

Werkdetails

Spezifikation
Videodokumentation von Performance, 1994–1996, 6:00, Farbe, Ton
4-Kanal-Videoprojektion, 4 DVD Player, Quadrosound


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