The Shape of Song

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The Shape of Song (2001) von Martin Wattenberg, Visualisierung von Philip Glass' Candyman 2
© Martin Wattenberg

Martin Wattenberg (geboren 1970) ist ein amerikanischer Künstler und Wissenschaftler, dessen besonderes Interesse der Visualisierung kulturell signifikanter Daten[1] gilt; durch seine besondere Sensibilität für das dialektische Potenzial von Informationsdisplays hat er sich einen Namen auf dem Gebiet der interaktiven Datenvisualisierung gemacht. Seine frühen Arbeiten leisteten einen wesentlichen Beitrag zur Etablierung der künstlerischen Informationsvisualisierung, die in der Zwischenzeit recht verbreitet verbreitet ist. 2001 beschäftigte sich Wattenberg in seinem Projekt The Shape of Song, für das er einen Auftrag von Turbulence.org erhalten hatte, mit der Visualisierung der Struktur von Musik.[2] Viele audiovisuelle Softwarekünstler haben diesbezügliche Versuche unternommen, bei denen sie meist mit Echtzeit-Grafik arbeiteten; Wattenberg näherte sich hingegen dem Problem vom Standpunkt der Notation. Sein Projekt entwickelte eine neue Art der statischen Abbildung, die in der Partitur verborgene Muster sichtbar machte. The Shape of Song ist der Natur der Sache nach eine Visualisierung von Musik, die nicht in Echtzeit erfolgen kann, da dies eine vollkommene Kenntnis der Zukunft voraussetzen würde.

The Shape of Song ist ausdrücklich daraufhin konzipiert, Wiederholungen musikalischer Passagen in MIDI-Dateien zu finden. Das Projekt hat die Form eines online Java-Applet, innerhalb dessen die Besucher zwecks Visualisierung eines der bereits geladenen Musikstücke (z. B. Bach, Beatles, Britney Spears) wählen oder eine eigene MIDI-Datei hochladen können. Wattenberg erklärt seine an sich leicht verständliche Vorgangsweise wie folgt:

Die Diagramme in ›The Shape of Song‹ stellen Musikstücke als eine Abfolge lichtdurchlässiger Bögen dar. Jeder Bogen verbindet zwei wiederholte, identische Passagen einer Komposition. Indem das Diagramm wiederholte Passagen in den Rang von Wegweisern versetzt, macht es die Tiefenstruktur der Komposition deutlich. Das Bild oben zum Beispiel entstand auf Grund der ersten Zeile eines einfachen Kinderliedes, ›Mary Had a Little Lamb‹. Jeder Bogen verbindet zwei gleiche Passagen. Um die Verbindung zwischen der Visualisierung und dem Lied zu verdeutlichen, wird in diesem Diagramm die Notation unter den Bögen angezeigt. […] Die resultierenden Bilder spiegeln die ganz Bandbreite musikalischer Gestaltung wider, von der Tiefenstruktur Bachs bis zur kristallinen Schönheit von Philip Glass. [3]

In einer Softwarelandschaft, die dicht bevölkert ist von Echtzeit-Darstellungen von augenblicksbezogenen Hörmerkmalen wie Tonhöhe und Lautstärke, nimmt The Shape of Song weiter einen wichtigen Rang in der Visualisierung von Musik ein, da das Projekt fähig ist, zeitliche Strukturen in der Musik sowohl im großen Maßstab wie in einer Reihe von kleineren Maßstäben darzustellen. Seit Beginn des Projekts im Jahr 2001 hat Wattenbergs Bogendiagramm-Visualisierungsmethode auch auf dem größeren Gebiet der Visualisierung von Informationen deutliche Spuren hinterlassen, wo es zu neuen Anwendungen bei der Visualisierung völlig verschiedener Datensätze geführt hat, wie von Chatverhalten im Internet, Hypertext-Links zwischen Blogs, Querverweisen innerhalb der Bibel und Wahlkampfspenden.[4]