Audiovisuelle Montage

1.4 Tonmischphasen und Montage

Die Grenzen zwischen den ursprünglich getrennten Funktionen Schnittmeister und Tonmischmeister überschneiden sich heutzutage mehr als früher. Im Idealfall ist der Editor nicht nur bei der Montage, sondern auch an der Mischung beteiligt. Ansonsten passiert, was Editor und Sound Designer Walter Murch beklagt: Die meisten meiner Kollegen wissen nicht, wer die Tonebene unter welchen Bedingungen bearbeiten wird. Sie fühlen sich also etwas unsicher und neigen dann im Schnitt dazu, alles sehr deutlich zu fixieren, so dass die Töne, welche auch immer später dazu kommen, nur Lücken füllen können. Das ist die undankbarste Aufgabe für den Ton, er wird zum Juniorpartner, vom Bild abhängig gemacht. Es ist viel interessanter, den Ton gleichberechtigt zu behandeln, also Ton im weitesten Sinne, also Dialog, Musik oder Toneffekt.[2]

Auch in der Tonmischung können verschiedene Arbeitsschritte voneinander unterschieden werden. In der Vormischung (Premix) werden zunächst mehrere Tonspuren der gleichen Abteilung (O-Ton, NT, ADR, Foley, SFX, AT und AV) additiv zusammengeführt. Die Endmischung (Final Mix) bringt dann die vorgemischten Spuren mit den Musikspuren zusammen.

Hierbei wird zuerst eine Rohmischung (Rough Mix) als zwar schon komplette, aber noch vorläufige Mischung erstellt, um vorab einen Eindruck vom audiovisuellen Ganzen zu bekommen. Bei der entscheidenden Mischung (Mix) werden dann alle tonrelevanten Filminformationen – wie Re-Recording, O-Ton, Dialog, Geräusche, Atmos und Musik – zu einer dramaturgischen und inhaltlichen Einheit in Klangfarbe und Lautstärke in Abstimmung mit Regie, Sound Design, Montage/Editing in einem speziellen Mischstudio zum Soundtrack zusammengemischt.

Abhängig von den Auswertungsformaten werden in diesem Prozess verschiedene Versionen der Mischungen hergestellt. So dient der IT-Mix (International Track) als Extramischung ohne Sprache für den internationalen Verkauf ins Ausland, wo dieser dann in der jeweiligen Sprache nachsynchronisiert wird (siehe ADR).[3] Der TV-Mix als fernsehspezifische Mischung liefert einen ans Endgerät angepassten Pegel und kann aus Copyright-Gründen (z. B. Weiterverwendung im Netz) andere Anteile von Musiken enthalten.

Die Montage organisiert in der Postproduktion die Bilder und Töne auf der Zeitachse des Films auf entsprechend unterschiedlichen Spuren und begleitet daher sinnvoll auch die Tonmischphasen.

Wurden die verschiedenen Klangebenen noch bis in die 1990er Jahre nach ausgetüftelten Plänen auf verschiedenen Tonrollen synchron zur Bildrolle angelegt, bieten Schnittprogramme mittels parallel horizontal angeordneter Timeline-Fenster nicht nur eine bessere Übersichtlichkeit, sondern ermöglichen sowohl handwerklich leichtere als auch kompositorisch komplexere Soundmischungen schon vorab beim Montageprozess.

Vor Beginn der eigentlichen Montage legen in der arbeitsteiligen Filmindustrie Sound Cutter den O-Ton passend zum Bild, der Sound Editor zusätzliche Soundeffekte, Musiken und Dialoge (Voice-over als Kommentar oder als Erzählinstanz aus dem Off) an. Picture Look bezeichnet in der Gesamtfilmnachbearbeitung schließlich den Zustand der Montage, in dem der Bildschnitt framegenau feststeht und nicht mehr geändert wird, selbst wenn im Ton noch die eine oder andere Veränderung stattfinden könnte.

Oft werden O-Ton ohne Dialog, NTs, ATs, SFX von der Musik getrennt gemixt angeliefert. Wurden Dialoge aus der O-Ton-Spur herausgeschnitten, müssen diese auditiven Leerstellen (Löcher) zum Teil mit Foleys vor Ort gefüllt werden.  
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Personen: Walter Murch