Musiktheater

6 Fluxus-Musiktheater und Instrumentales Theater

Auf der Basis der Komposition Kontakte (1958–1960) entstand 1961 Karlheinz Stockhausens musikalisches Theater Originale, das die erste Form eines Fluxustheaters in Europa darstellt.[12] Originale besteht aus 18 Szenen, die in sieben Strukturen angeordnet sind und in variabler Reihenfolge oder auch simultan aufzuführen sind. Der Zeitverlauf des Musiktheaterwerks ist festgelegt durch den Rückgriff auf Kontakte, dessen Aufführung im Zentrum von Originale steht, wobei die Interpreten der Uraufführung von KontakteDavid Tudor (Klavier), Christoph Caskel (Schlagzeug) – sich in Originale selbst darstellten. Weitere Rollen in Originale waren mit Nam June Paik als Aktionkünstler oder Hans G. Helms als Schriftsteller besetzt. Damit stellt Karlheinz Stockhausens Originale einen mehrdeutigen Grenzfall des Musiktheaters dar: Es entspricht der Forderung der Fluxus-Kunst nach Konkretheit, es enthält die Spielformen des Happenings, wie sie zuerst von Allan Kaprow realisiert wurden, sowie Elemente des Instrumentalen Theaters, das die Aufführung von Musik zum Gegenstand der Aufführung macht.

Das Instrumentale Theater etablierte sich als eigenständige Theaterform durch die szenischen Kompositionen Mauricio Kagels, dessen entscheidender Antrieb die Auseinandersetzung mit der Musik John Cages war. Sein zentrales Werk Sur scène entstand 1960 als kammermusikalisches Theaterstück in einem Akt für Sprecher, Mimen, Sänger und Instrumentalisten. Die Grundlage des Bühnenwerkes bildet ein Vortrag über zeitgenössische Musik, der die Einsätze für die Aktionen der stummen Mimen sowie der Musiker gibt und gleichzeitig den Inhalt des Vortrages ironisiert. Sur scène ist ein Versuch, Kammermusik aufzuführen und wird dabei zu einem Diskurs über Kammermusik selbst. Eine solche Selbstthematisierung von musikalischer Aufführung als Spiel prägt auch Kagels Match für zwei Cellisten und einen Schlagzeuger (1964). Die Aufführung erhält dabei die Gestalt eines Ballspiels zwischen den beiden Cellisten. Der Schlagzeuger wird zum Schiedsrichter, der vergeblich versucht, die Kontrolle über das Geschehen zu erlangen. Da in der Aufführung eine exakte Wiederholung der Handlung vorgeschrieben ist – das Match wird somit zweimal gespielt –, wird aus dem scheinbar spontanen Spiel der Musiker eine genau choreografierte Inszenierung.

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